keyserling lovis corinth
















  Eduard von Keyserling (Gemälde von Lovis Corinth, 1900)
 (1855-1918)


Es ist die Sehnsucht nach einem Echo, was uns treibt, ein Stück Kunst in die Öffentlichkeit hinauszustellen.          (10. Mai 1905)

Im Mai 1855 wurde Eduard als zehntes von zwölf Geschwistern auf Schloss Tels-Paddern im baltischen Kurland, heute Lettland, geboren. Seine Schwester Magda schreibt über ihn:

„Der überaus zarte Eduard mit dem farblosen Gesichtchen und der stark lispelnden Aussprache, voller phantastischer Gedanken und Spiel.  […] Lustig, witzig und sanft war er. Er schrieb Romane und machte nette Gedichte, hatte allerlei philosophische Ideen und lebte in einer Bücherwelt.“ (S. 484)

 „Wir nennen ihn „Le petit roi muguet“. Der kleine König Maiblume. (S.487)

Auch später, in der Zeit seiner schweren Erkankung, die zur Erblindung führte, behielt er die Sanftheit, seinen Witz, seine Lebenskraft und seine Liebenswürdigkeit. „Wie wundervoll, in welcher Haltung trug er sein Leiden: Blindheit und fast unaufhörliche Schmerzen“, schreibt Otto von Taube.(S. 639)

Die Gymnasialzeit beendete Eduard nur deshalb glücklich, weil er ein vorzügliches Gedächtnis hatte, für den Unterricht irgendetwas gelernt hat er wohl nicht. Das setzte sich im Studium fort. In Dorpat, wo er sich in der juristischen Fakultät einschrieb, wurde er dreimal exmatrikuliert. Gehört hat er Rechtsgeschichte, Staatsrecht, neuere Philosophie, russische Literatur. Ab 1879 studierte er einige Semester Kunstgeschichte in Wien.

Mit seiner Erzählung „Nur 2 Thränen“ gewann er den 2. Preis in einen Wettbewerb der Wiener Allgemeinen Zeitung für beste Feuilletons. In der WAZ, in deren Programm u. a. die „Überzeugung, daß Noth und Elend keine Naturnothwendigkeiten, sondern die Consequenzen überlebter sozialer Einrichtung sind“ veröffentlichte Keyserling dann einige Erzählungen.

1902 zog er nach München und verkehrte dort als Schriftsteller in Künstlerkreisen. Vorwiegend seine epischen Werke machten ihn bekannt, so dass er neben Arthur Schnitzler als der bedeutendste deutschsprachige Erzähler des frühen 20. Jahrhunderts gilt.

Zu Unrecht kaum bekannt sind Keyserlings vielseitige und vielschichtige, auch literarisch reizvolle Kunst- und Literaturkritiken. Auch seine wenigen dramatischen Werke sind es wert, auf der Bühne gezeigt zu werden.

1908 erblindete Keyserling und diktierte seine Werke seinen Schwestern.

Ab 1911 lebt er als Gelähmter und Erblindeter fast nur noch im Rollstuhl. Gelegentlich sitzt er nahe seiner Wohnung auf einer Bank in der Sonne. Sowohl seine Blindheit als auch seine zunehmende Gelähmtheit hat er lange Zeit so gut es ging verborgen. Max Halbe schreibt am 10. Januar 1912 in sein Tagebuch: „Hernach noch in die Stadt gelaufen u. auf ein Plauderstündchen zu Keyserling. Der Arme kann sich gar nicht bewegen, muß getragen werden, ist geistig unverändert frisch u. scheinbar heiter. Bewundernswürdig!“ (S.635)

U. a. Rainer Maria Rilke, Hermann Hesse, Peter Härtling bewunderten ihn und seine Erzählkunst und doch, ist sein Werk eher unbekannt, sein Name in Literaturgeschichten kaum genannt.

Am 28. September 1918 starb Eduard Graf von Keyserling nach einem Schlaganfall.

Zitate aus: Eduard von Keyserling,“ Kostbarkeiten des Lebens. Gesammelte Feuilletons und Prosa.“ Herausgegeben von Klaus Gräbner und Horst Lauinger, Manesse, 2021